Der Schumannseck ist ein Ort, der tief in der Geschichte verwurzelt ist. Während des Zweiten Weltkrieg war, dieser Ort Schauplatz der mörderischsten Gefechte der Ardennenoffensive in Luxemburg.
Im Dezember 1944 rückte die deutsche Wehrmacht in den Ardennen bis zum Fluss Maas vor. Zur Abwehr dieses Vorstoßes setzte General Patton die 3. US-Armee ein, die am 22. Dezember mit einer Gegenoffensive von Süden über das eingeschlossene Bastogne in Richtung Houffalize (Belgien) vorstieß. Ziel war es, den deutschen Angriffskeil abzuschneiden und anschließend zu vernichten. Um die rechte Flanke dieses Vorstoßes abzusichern, beauftragte Patton gleichzeitig die 26. US-Infanteriedivision mit einem Angriff in Richtung Wiltz. Nach der Einnahme der strategisch wichtigen Straßenkreuzung „Schumannseck“ bei Nothum sollte sich die Division mit den US-Einheiten aus Bastogne vereinen, um gemeinsam weiter nach Norden vorzurücken. Doch die „Yankee Division“ erreichte Nothum erst am 27. Dezember 1944 – mit kritischem Verzug zum Zeitplan. Dort traf sie auf eine stark verschanzte 9.Volks-Grenadier-Division, die sich in der Nähe des Café Schumann an der Kreuzung in den Quarzit Gruben eingegraben hatte.
Es entbrannte eine erbitterte Winterschlacht. Die Frontlinie kam für mehr als drei Wochen im südöstlichen Frontbogen von Bastogne zum Stillstand. Beide Seiten lieferten sich grausame Stellungskämpfe, bei denen Tausende von Soldaten ihr Leben verloren. Die Kämpfe führten zudem zur nahezu vollständigen Zerstörung vieler Dörfer in der Region Bastogne–Wiltz. Der Stellungskrieg am Schumannseck und die Schlacht um Bastogne sind seither untrennbar miteinander verbunden – als Mahnmal für das Leid und die Opfer des Krieges.
Das Schumannseck hat sich grundlegend gewandelt: wo einst die Kriegshandlungen dominierten, treffen heute Erinnerungen, stille Reflexion und friedliche Gelassenheit aufeinander. Auf Initiative von Kriegsveteranen und der lokalen Bevölkerung wurde 1994 das „Liberation Memorial“ in Form einer symbolischen Ruine errichtet. Die Einweihung erfolgte im Geist der Versöhnung und der Völkerverständigung durch den damaligen Premierminister Jacques Santer. Träger des Projekts war die Vereinigung „National Liberation Memorial asbl.“. Seitdem findet jedes Jahr zum Jahrestag der Ardennenoffensive am 16. Dezember eine internationale Gedenkfeier am Schumannseck statt. Diese wird von der National Liberation Memorial asbl. in Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Regierung und dem Naturpark Öewersauer organisiert – als Zeichen des Gedenkens, der Mahnung und des Friedens.
Das Projekt „Schumannseck Gedenkpfad 1944-1945 “, wurde im Jahr 2016 im Rahmen des Interreg-Projektes „Land of Memory“ vom Naturpark Öewersauer und National Liberation Memorial asbl. Und den Naturpark-Gemeinden Boulaide, Esch-Sauer, Goesdorf, Stauseegemeinde, Winseler und Wiltz ins Leben gerufen. Der Gedenkpfad bietet eine einzigartige Möglichkeit, diesen historischen Ort auf neue Weise zu erleben. Durch ein interaktives und innovatives pädagogisches Konzept, das Natur, Kunst und Bildung miteinander verbindet, wird der Ort zu einem lebendigen Geschichtsbuch. Vergangenheit und Gegenwart treten hier in einen Dialog. Themen wie Frieden, Freiheit und die Vermittlung grundlegender menschlicher Werte werden als zentrale Botschaften vermittelt.
Der Ort bewahrt die Spuren der Kampfhandlungen, die sich dort vom 27. Dezember 1944 bis zum 21. Januar 1945 zugetragen haben.
Der Gedenkpfad ermöglicht Besuchern an verschiedenen Stationen einen detaillierten Einblick in den historischen Kontext und den Verlauf der Ardennenoffensive. Dabei besteht die Wahl zwischen einem 1,2 km langen Rundweg und einer ausgedehnteren Route von 2,8 km.
Auf dem Erlebnisparcours verschmelzen authentische Ortserlebnisse mit künstlerischen Elementen. Über den gesamten Weg verteilt können Besucher 65 lebensgroße Silhouetten bewundern, ergänzt durch authentische Fotoausschnitte, die aus jener Epoche stammen. Diese Bilder stammen größtenteils vom Schumannseck oder dessen unmittelbarer Umgebung. Einige der Silhouetten wurden sogar um Farbaufnahmen von authentischen Gegenständen oder Foxholes aus der Nationalsammlung des Nationalmuseums für Militärgeschichte ergänzt.
Die rekonstruierten militärischen Unterstände, errichtet in ehemaligen Quarzsteinbrüchen, bieten den Besuchenden einen nahezu greifbaren Einblick in die damaligen Bedingungen der Kriegsführung. Diese original erhaltenen Elemente – von Schützenlöchern über „Foxholes“ (kleine Schutzhütten, welche für ein bis zwei Soldaten in den Boden gegraben wurden) bis hin zu Bombenkratern – veranschaulichen nicht nur die taktische Gefechtsführung und die Opfer der Soldaten, sondern regen auch zu einer tiefgehenden Reflexion über die Schrecken und Unbarmherzigkeit des Krieges an. Der Gedenkpfad ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern, nicht nur die Erlebnisse der Soldaten beider Armeen nachzuvollziehen, sondern auch das Schicksal der Zivilbevölkerung kennenzulernen – Menschen, die zur Flucht gezwungen wurden und ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen mussten. Ein besonders eindrucksvoller Einstieg in diese Perspektive bietet die Station am Haus Melchior, gleich zu Beginn des Pfads. Dort wird die Geschichte der Zivilbevölkerung eindringlich und anschaulich vermittelt.
Der Schumannseck und sein interaktiver Gedenkpfad fungieren als lebendige Plattform, auf der Geschichte nicht als abgeschlossenes Kapitel, sondern als fortwährender Dialog erlebt wird.
Der Ort lädt zum Innehalten, Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit den Lehren der Vergangenheit ein. Besonders für Schulen bietet das Nationalmuseum für Militärgeschichte ergänzende pädagogische Programme an. Diese ermöglichen es, historische Inhalte mit aktuellen Fragestellungen der jungen Generation zu verknüpfen – und fördern so ein tieferes Verständnis für Frieden, Freiheit und demokratische Werte.
Die innovative Neugestaltung des Geländes rückt authentische und bewegende Zeugnisse der damaligen Zeit in den Fokus. Der Pfad bietet eine einzigartige pädagogische Erfahrung und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bewahrung des Kultur- und Naturerbes sowie zur Bereicherung des kollektiven Wissens und des geschichtlichen Gedächtnisses der Region.
Die Symbiose aus authentischem historischem Erbe und moderner, künstlerischer Vermittlung eröffnet völlig neue Perspektiven. Die Gedenkarbeit für die man sich tagtäglich verantwortungsvoll einsetzt, soll nicht als selbstverständlich betrachten werden.
Auf dem interaktiven Gedankenpfad erhalten Besucher die Gelegenheit, in die vergangene Zeit einzutauchen. Mithilfe von Schildern und Erklärungstafeln in drei Sprachen (Französisch, Englisch, Deutsch) sowie durch strategisch platzierte QR-Codes auf 18 Stationen kann der Besucher 250 Tonausschnitte, Videos und Archivfotos der Zeitzeugen dieser tragischen Epoche interaktiv erleben. So erhalten die Besucher umfassende Einblicke in die vielschichtigen Ereignisse und Themen, die mit der Ardennenoffensive im Zweiten Weltkrieg verknüpft sind. Über die QR-Codes werden dabei unter anderem die Befreiung, der Verlauf der Ardennenoffensive, das Leid der Zivilisten, die deutsche Perspektive auf die Offensive, die amerikanische Strategie, der Briefkontakt zur Heimat sowie viele weiteren Themen detailliert erläutert. Der Gedenkpfad eröffnet den Besuchern Einblicke in 60 Themenbereiche, in denen sie die Erzählungen von Zeitzeugen – ob Zivilisten, deutschen oder amerikanischen Soldaten – nachvollziehen können. Das Projekt basiert auf einer seit den 1970er Jahren aufgebauten Zeitzeugensammlung von Frank Rockenbrod im Namen der National Liberation Memorial asbl. Sie umfasst über 600 audiovisuelle Interviews und mehr als 1.000 Briefkontakte – eine wertvolle Quelle für das authentische Gesamtkonzept des Gedenkpfads.
Um Kindern den Schumannseck Gedenkpfad aufspannende und interaktive Weise näherzubringen, lädt die App „Nächst Station“ dazu ein, gemeinsam mit Klaus und Mish – den Helden aus der beliebten RTL-Zeichentrickserie von Zeilt Production – auf Entdeckungsreise entlang des Wanderpfads zu gehen.
Der Gedenkpfad verbindet nicht nur Natur und Bildung, sondern auch Kunst. Um die künstlerische Dimension in das Projekt einzubinden, wurde in der Woche vom 7. bis zum 11. September 2020 ein Workshop in Zusammenarbeit mit dem Jugendbureau Éislek organisiert. In diesem Workshop setzten sich die Jugendlichen unter der Leitung des Graffiti-Künstlers und Mitgründers des „Kamellebuttek“ Raphael Gindt mit dem Thema „De la guerre à la paix: quelle (est ton) histoire?!“ auseinander.
Ziel des Workshops war es, Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren die tragische Geschichte des Schumannsecks näherzubringen und sie dazu anzuregen, über ihre eigenen Gefühle zu Krieg und Frieden nachzudenken. Die im Rahmen des Workshops entstandenen Graffiti-Kunstwerke, die mit Unterstützung des Künstlers gestaltet wurden, wurde anschließend auf einer quadratischen Struktur im zentralen Bereich des Gedenkpfads Schumannseck installiert – als Impuls zur Reflexion und Inspiration.
Das Hauptanliegen des Workshops bestand darin, die aktive Beteiligung junger Menschen an der Gedenkarbeit zu fördern und ihre Visionen und Ideen in diesen Prozess einzubeziehen.
Im gleichen partizipativen Bereich ist auch das Projekt „Passeurs de mémoire“ erwähnenswert. Dabei handelt es sich um ein Wahlfach, das im September 2023 auf Initiative von Herr Pierre Stockreiser, ehemaliger Direktor des Lycée du Nord, ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, das Engagement der Schule in Bereich der Erinnerungsarbeit zu stärken. Der Kurs sensibilisiert Jugendliche für die Bedeutung der Erinnerungspflicht, insbesondere im Hinblick auf prägende historische Ereignisse wie den Zweiten Weltkrieg.
Im Laufe des Schuljahres vertiefen die Schüler ihr historisches Wissen, besuchen Gedenkstätten, treffen Zeitzeugen und nehmen an kollektiven Reflexionsprojekten teil.
Die Schüler wirkten aktiv an der Ausarbeitung des Projekts mit, indem sie Ideen zur Gestaltung des Gedenkpfads entwickelten. Darüber hinaus bereiteten sie Vorträge für offizielle Veranstaltungen vor, wie zum Beispiel der jährlichen Gedenkzeremonie vom 16. Dezember am Schumannseck, in denen sie aktuelle Konflikte mit historischen Ereignissen in Verbindung bringen. Jugendliche des Lycée du Nord Wiltz (LNW) gestalteten auch die im Mai 2025 eingeweihte LRE-Stele und ihre Texte bezüglich der europäischen Werte.
Dank jahrelanger Recherchen des Präsidenten der National Liberation Memorial a.s.b.l. konnte die strategische Bedeutung des Schumannsecks durch eine regionale Betrachtung der Schlacht um Bastogne in Zusammenarbeit mit zahlreichen belgischen Historikern empirisch belegt und anerkannt werden.
Das Projekt „Schumannseck Gedenkpfad 1944-1945“ vereint eine Vielzahl interaktiver Elemente und wurde zu einem Konzept weiterentwickelt, das Menschen jeden Alters entspricht.
Seit Oktober 2019 haben über 69.000 Menschen das Projekt besucht – mit einem Besucherrekord im Jahr 2023 von 15.756 Personen.